Werkstoffe auf Herz und Nieren prüfen

Campus Cleve präsentiert:

Erst Studierende – dann Fachkräfte: Werkstoffe auf Herz und Nieren prüfen

Kausar Rahman kam aus Bangladesch nach Kleve, um zu studieren. Auch nach seinem Abschluss blieb der heute 37-Jährige am Niederrhein. Er hat eine Anstellung bei Dr. Sommer Werkstofftechnik in Issum gefunden.

Kreis Kleve - Issum - Als Kausar Rahman das erste Mal vom Niederrhein, vo Kleve und der Hochschule Rhein-Waal hört, lebt und studiert er noch in seiner Heimat Bangladesch. Er sei mit seinem damaligen Studiengang unglücklich gewesen, als er auf eine Anzeige der damals noch jungen Hochschule aufmerksam wurde, erinnert sich der heute 37-Jährige. Er kommt nach Deutschland und beginnt den Bachelor-Studiengang „Mechanical Engineering“ an der Hochschule Rhein-Waal. „Mir haben der Praxisbezug des Studiengangs und die Möglichkeit gefallen, in Deutschland studieren zu können. Außerdem kam mir entgegen, dass der Studiengang auf Englisch ist“, sagt Kausar Rahman.

Als er das Studium abschließt, geht es aber nicht zurück nach Bangladesch: Der 37-Jährige findet eine Anstellung als Fachkraft in der heimischen Wirtschaft. Bei der Dr. Sommer Werkstofftechnik in Issum. Den Betrieb kennengelernt hat Kausar Rahman bereits während eines Praktikums. „Dafür musste er acht Wochen lang zwei Stunden hin und zurück fahren“, sagt Firmengründer und Gesellschafter Peter Sommer. „Da trennt sich die Spreu vom Weizen.“

Die Firma wurde im Jahr 1988 als Ein-Mann-Unternehmen gegründet. Heute untersucht sie nicht nur Schadensfälle, tritt als Gutachter vor Gericht und außerhalb auf oder prüft Werkstoffe, sie gibt auch Seminare zur Qualifizierung und Weiterbildung. 26 Mitarbeiter arbeiten Sevelen, dazu kommen noch einige in Düsseldorf und Neuss. „Die Windkraft-Industrie ist ein klassischer Kunde“, sagt Peter Sommer. Vereinfacht gesagt: Wenn etwas kaputt gegangen ist, liegt es an dem Unternehmen, herauszufinden, wo die Ursache lag. „Wir können alles untersuchen, was mit Stahl zu tun hat. Vom Span bis zu tonnenschweren Teilen“, sagt Jens Sommer. Er ist gemeinsam mit Bruder Philipp Geschäftsführer. Während der eine für die Werkstofftechnik und Seminare zuständig ist, verantwortet der andere Datentechnik und Forschung. Dr. Sommer Wertstofftechnik ist ein echtes Familienunternehmen. „Die Firma gehörte schon zu unseren Kindheitszeiten immer dazu“, erinnert sich Jens Sommer. „Sie finden hier bei uns sieben Mal Sommer“, sagt Gründungsvater Peter Sommer. Und das mittlerweile in drei Generationen. Warum man immer noch seinen Sitz in Issum Sevelen hat? „Die Kunden sind überall auf der Welt verteilt – und weil wir hier wohnen, habe ich die Chance, zu Fuß zur Arbeit zu gehen“, sagt Peter Sommer.

PI Dr Sommer Werkstofftechnik GmbH 2

Bildunterschrift: Kausar Rahman an der zerstörten Antriebswelle eines Windrades. Er spricht sehr gut Englisch und lernt im Kundenkontakt immer besser Deutsch.

Mittlerweile hat es auch Kausar Rahman nicht mehr so weit zur Arbeit. Eine Herausforderung bleibt: die Sprache. „Es war klar, dass er Deutsch sprechen muss“, sagt Peter Sommer. „Nicht alle Zerspaner hier können fließend Englisch.“ Dass der 37-Jährige so gut Englisch spreche, komme ihm auf anderen Gebieten aber entgegen, sagt Jens Sommer. „40 bis 50 Prozent der Berichte sind heute auf Englisch.“

„Ein guter Ingenieur muss auch guter Kommunikator sein. Das verbindet der Studiengang Mechanical Engineering“, sagt Peter Kisters von der Hochschule Rhein-Waal. Der Kontakt zu Peter Sommer kam schon früh in der Entwicklungsphase der Hochschule zustande. „Als Hochschule für angewandte Wissenschaft sehen wir uns auch als Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Wirtschaft. Das ist keine Einbahnstraße“, sagt Kisters. Es entstehen Kooperationen, wie etwa mit Sommer, der bereits seit Jahren Seminare an der Hochschule anbietet. Bei ihm können Praktika absolviert und Bachelorarbeiten geschrieben werden. „Ich hatte immer großen Spaß an der Lehre“, sagt Peter Sommer. So erhielt er im November 2018 eine Professur der Fakultät Technologie und Bionik der Hochschule Rhein-Waal. Mit der Ernennung zum Honorarprofessor, so hieß es damals, „würdigt die Hochschule sein fortwährendes Engagement in der Lehre und bei der Betreuung zahlreicher Praktika und Abschlussarbeiten.“

 
 Die Seminarplätze seien bei Sommer auch immer beliebt, sagt Peter Kisters. Bei der Werkstofftechnik sei schließlich immer etwas los. Viel anschaulicher geht es nicht. „Im Bemühen, Wirtschaft und Hochschule zusammenzubringen, muss man beim einen Unternehmen mehr Klinken putzen als beim anderen“, sagt Peter Wack, Vorsitzender des Fördervereins Campus Cleve. „Bei Herrn Sommer waren es eher Eulen, die wir nach Athen getragen haben“, erklärt Wack. Die Studierenden würden es aber auch zurückzahlen, sagt Peter Sommer. „Sie sind alle sehr motiviert, es gibt nahezu keine Fehlzeiten. Das kenne ich von anderen Hochschulen anders.“

Und manche Verknüpfung ergibt sich dann auch noch, die vorher nicht unbedingt planbar war: Mittlerweile studiert auch Sommers Tochter an der Hochschule Rhein-Waal: International Business als dualer Studiengang.